Praxis Dr. Bühler - Akademische Lehrpraxis der Universität Ulm

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Blutegeltherapie




Wir führen die Blutegeltherapie in unserer Praxis durch. Es handelt sich nicht um eine Kassenleistung und bedarf der Voranmeldung, weil die Tiere bestellt werden müssen.



Hirudo medicinalis ist der lateinische Name für den in der Medizin verwendeten Blutegel. Es gibt viele von seiner Art, die meisten sind sehr viel kleiner.
Sie alle brauchen eine feuchte Umgebung, da sie sonst austrocknen würden. Sie benötigen kalkarmes Süßwasser und leben in langsam fließenden Gewässern mit reichlich Wasserpflanzen. Im Winter verkriechen sie sich in frostfreie Tiefen aber ohne eigentliche Winterruhe.
Da sie stark temperatur-
abhängig sind, sind sie bei Kälte einfach inaktiv. Falls es dem Blutegel nicht gelingt in der Häutungszeit die alte Haut abzustreifen, stirbt er.

Die Blutegel sind als Ringelwürmer mit unseren Regenwürmern verwandt. Die Egel haben an ihren spitz zulaufenden Enden je einen Saugnapf, den hinteren nur zum Festhalten und der vordere umschließt den Mund. Der Rumpf ist im Querschnitt oval und zeigt eine sehr schöne Zeichnung am Rücken in grün mit roten Streifen. Im Mund liegen die 3 Kiefer, strahlenförmig angeordnet mit ca. 80 feinen Kalkzähnchen. An jedem Saugnapf ist ein Nervenring. Ein Gehirn hat der Egel nicht. Im Wasser bewegt sich der Egel wie ein Delphin, an Land verwendet er seine Saugnäpfe zur Fortbewegung. Im Wasser überwacht er die Wasserbe-
wegungen, an denen er potentielle Opfer erkennt. Für die Fortpflanzung ist ein gleichbleibender Wasserstand nötig. Als Zwitter befruchten sich die Egel gegenseitig. Der Blutegel legt bis zu 30 Eier in einem Kokon ab in der feuchten Ufererde. Nach 6 Wochen schlüpfen die Jungen, die bis zu 16 mm lang sind. Zu therapeutischen Zwecken können sie erst nach ca. 4 Jahren eingesetzt werden. Bei optimaler Haltung werden Blutegel bis zu 20 Jahre alt. Ausgewachsen hat der medizinische Blutegel eine Länge von bis zu 20 cm und ein Gewicht von bis zu 30 g. Der junge Blutegel ernährt sich vom Blut kleiner Wassertiere. Die Fortpflanzungsfähigkeit verbessert sich aber erheblich mit dem Blut von warmblütigen Tieren. Er wird früher geschlechtsreif und legt mehr Eier.

Nun zu den medizinischen Zwecken:




Die Blutegel bestellt man über die Apotheke.
Wir beziehen sie über die internationale Apotheke in München. Die Tiere über stehen den Transport in den allermeisten Fällen wohlbehalten.

Einmal auf der Haut des Wirtes (Opfers), sucht sich der Blutegel eine geeignete Stelle zum Beißen. Mit dem Vorderende sucht er dabei tastend nach der geeigneten Bissstelle. Mit dem hinteren Saugnapf hält er sich fest. Wenn er die richtige Bissstelle noch nicht gefunden hat, wird der hintere Saugnapf gelöst und in eine neue Position gebracht, während er sich mit dem vorderen Saugnapf festhält. Dann beginnt er von neuem zu suchen. Die Suche kann mehrere Minuten dauern. Die Tiere sind auf der Haut kaum zu spüren. Wenn der Blutegel die optimale Stelle gefunden hat hält er sich mit dem hinteren Saugnapf in der Nähe der Bissstelle fest und sägt sich mit dem dreistrahligen Kiefer in die Haut. Der Biss selber ist vergleichbar mit einem Schnakenstich oder dem Stich einer Bremse. Bis heute ist nicht klar, warum der Biss nicht weh tut.
Ob die Tiere ein örtliches Betäubungsmittel verwenden? Während des Saugvorgangs scheidet der Blutegel ein Sekret in die Wunde ab. Durch die histaminähnliche Substanz werden die Blutgefäße erweitert. Dann wird aus den Speicheldrüsen Hirudin abgesondert. Dieser Stoff hält das Blut flüssig, indem es die Blutgerinnung verhindert. Weitere Stoffe die in dem Sekret enthalten sind: Calin, Egline, Apyrase, Hyaluronidase, Kollagenase, Destabilase und Piyavit.
Diese Stoffe haben eine entzündungshemmende Wirkung.
In der Medizin werden die blutgerinnungshemmende und die entzündungshemmende Wirkung der Stoffe benutzt bei Krampfadern, Schweregefühl in den Beinen, Durchblutungs-
störungen, außerdem bei Gelenksentzündungen wie sie bei Arthrose, Arthritis oder Rheuma vorkommen. Experten vergleichen die Wirkung des Blutegelspeichels mit der Wirkung des Penicillins. Hirudin gibt es seit langem in Salbenform zum Auftragen. Hyaluronidase wird häufig in gereizte Gelenke injiziert ebenso wie die Kollagenose zum Abbau der Entzündung und Aufbau von Knorpel. Die anderen Stoffe finden in der Medizin nach meiner Erkenntnis bisher keinen Einsatz. Die Wirkung hält meist für mehrere Monate an.

In der Geschichte der Menschheit spielt der Blutegel ein Rolle seit sich Menschen gegenseitig helfen und heilen. Das Wort Egel stammt aus dem griechischen und bedeutet kleine Schlange. Die Schlange am Stab des Aesculap, dem ersten berühmten Arzt, könnte wohl auch einen Blutegel darstellen. Bei den Germanen wurde das Wort für Blutegel fast synonym für den Heiler verwendet. In England wurden die Heiler des Mittelalters als leecher bezeichnet. (leech = Blutegel). Der indische Gott des Ayurveda trägt einen Blutegel in einer seiner vier Hände. Weil die Therapie mit den Blutegel ausuferte (Vampyrismus), wegen mangelndem Wissen und wegen der Vorurteile, kam die Therapie in Verruf und wurde erst 1975 wiederentdeckt. Die rekonstruktive Chirurgie entdeckte die Egel wieder in den 80er Jahren als in der plastischen Chirurgie es gelang das abgerissene Ohr eines kleinen Jungen mit Hilfe der Blutegeltherapie wieder anwachsen zu lassen. Nach Abschluß des Saugvorganges müssen die Blutegel getötet werden. Dies geschieht mit hochprozentigem Alkohol.

Die Nahrungsaufnahme des Blutegels dauert ca. 30 Minuten. Dabei wird das Gewicht des Tieres um ein Vielfaches erhöht. Sobald er satt ist, lässt der Blutegel von selbst los. Die Wunde blutet noch einige Stunden nach. Dadurch wird der Blutverlust verdoppelt bis verdreifacht. Der Blutegel ist erst nach 3 Wochen wieder zu Schwimmbewegungen fähig. Eine Mahlzeit bleibt für Monate in seinem Magen und wird innerhalb eines Zeitraumes von 1,5 Jahren verdaut. Nach einigen Monaten könnte der Blutegel wieder saugen. In der Medizin müssen die Blutegel nach getaner Arbeit sterben. Eine Mehrfachverwendung oder eine Verwendung bei verschiedenen Patienten mit dem selben Tier ist nicht erlaubt.

Dr. med. Peter Bühler